Andacht: Fallen und wieder aufstehen – welch eine Chance!
Die
Andacht zum morgigen Tag über Jeremia 8,4 kommt von Pfarrer Gisbert von
Spankeren aus der Kirchengemeinde Hülsenbusch-Kotthausen.
Es
ist still geworden in unserem Land, das öffentliche Leben ist zum
Stillstand gekommen, man sieht kaum noch Menschen in den Städten, die
Geschäfte sind weitestgehend geschlossen, Schulen und Kindertagesstätten
desgleichen. Ein Land im Ausnahmezustand. Wirklich? Nur im
Ausnahmezustand oder doch auch in einer Phase der Neubesinnung und
Orientierung?
Es
ist schon erstaunlich, was auf einmal alles möglich ist: Digitaler
Unterricht für unsere Kinder, vor einem Jahr noch ein Wunschtraum. Die
Hasskommentare in den sozialen Medien lassen nach, politische
Auseinandersetzungen fallen weg. Wer hätte das gedacht. Alle scheinen im
Augenblick an einem Strang zu ziehen. Statt Egoismus mehr Allgemeinsinn
und Achtsamkeit.
Gesellschaft erfindet sich gerade neu
Braucht es immer erst Krisen, Katastrophen und Kriege, damit Menschen sich besinnen und nach dem Eigentlichen in ihrem Leben zu suchen beginnen? Vielleicht. Mir scheint, unsere Gesellschaft erfindet sich gerade neu.
In den Herrnhuter Losungen lesen wir für den heutigen Tag ein Wort Gottes an sein Volk. Der Prophet Jeremia spricht: „Wo ist jemand, wenn er fällt, der nicht gerne wieder aufstünde? Wo ist jemand, wenn er irregeht, der nicht gern wieder zurechtkäme.“ (Jeremia 8,4)
Eigentlich eine Binsenweisheit. Wer hinfällt, der steht wieder auf. Wer sich verlaufen hat, schaut nach dem rechten Weg aus. Das kennen und wissen wir von Kindesbeinen an, denn so haben wir laufen gelernt, so haben wir gelernt, uns in unserer Umwelt und unserer Gesellschaft zu orientieren. Fallen und wieder aufstehen – ein Lernprozess.
Jeremia beklagt in Gottes Namen die Missstände seiner Zeit. Viele Menschen klagen auch bei uns über Missstände, soziale Ungerechtigkeit und Kälte und anderes mehr. Fallen und wieder aufstehen – welch eine Chance!
Zeit, uns neu zu orientieren
Wir werden eben nicht bei dem behaftet, was immer schon so war. Nein, gerade diese Tage und Wochen schenken uns die Zeit, uns zu besinnen, uns neu zu orientieren, unser Leben neu zu gestalten.
Dazu will uns diese Tageslosung Mut machen. Gott lässt sich auch heute noch finden: in seinem Wort, im Gebet und in meinem Nächsten, wenn ich sein Wort der Nächstenliebe ernst nehme.
Ganz leise und ganz langsam
So manches deutet darauf hin, dass sich gerade etwas in unserer Gesellschaft verändert. Ganz leise, ganz langsam. Möge Gott uns geben, dass es von Dauer ist, dass Wärme und Liebe sich wieder unter uns breit machen – nicht nur in Krisenzeiten.
Wir haben Gottes Spuren festgestellt
auf unsern Menschenstraßen,
Liebe und Wärme in der kalten Welt,
Hoffnung, die wir fast vergaßen.
Zeichen und Wunder sahen wir geschehn
in längst vergangnen Tagen,
Gott wird auch unsre Wege gehn,
uns durch das Leben tragen.
Evangelisches Gesangbach (EG) 648,1
Ihr Pfarrer
Gisbert von Spankeren