Andacht: Wie tröstlich

Pastorin Christa Dresbach-Schnieder, Leiterin der TelefonSeelsorge Oberberg, hat an Ostern Trost weitergegeben und dabei selbst erfahren, sich neu gehalten zu wissen

Für zwei Mitarbeiterinnen der TelefonSeelsorge ist es gerade eine schwere Zeit. Nicht wegen Corona, das auch, aber das rückt nach hinten. Jede von ihnen ist vor kurzem Witwe geworden. „Unfassbar! So plötzlich, so unvorhersehbar!“ sagt die eine von ihnen. „Gott sei Dank war ich dabei, als er starb!“ sagt die andere.

Und nun Ostern. Das Fest der Auferstehung. Ich habe viel an die beiden Frauen gedacht, sie abends in meine Fürbitte genommen. Wie mag es ihnen an den Feiertagen gehen? Hoffentlich sind sie nicht allein, oder doch – wegen Corona? Wie furchtbar.

Da kam mir eine Idee: Von Karfreitag an bis Ostersonntag habe ich den beiden in Etappen die Kreuzigungs- und Ostergeschichte aus dem Johannes-Evangelium per WhatsApp-Sprachnachricht geschickt.

Das sollte sie trösten. Und mich auch, denn Anfang März ist meine Schwester gestorben, auch unfassbar und: Ich war leider nicht dabei, als sie starb. So sollte das Lesen der Geschichte auch mich trösten. Zwei Witwen und eine, die ihre Schwester begraben musste. Wir drei Frauen haben viel geweint…

Als wenn einer meine Seele in die Hand nimmt

Und dann diese wunderbare Erzählung am Ende des Evangeliums nach Johannes! Zwei kleine Sequenzen haben mich dabei sehr berührt. Ihr kennt sie alle. Ein Engelpaar spricht Maria an: Frau, warum weinst du? Weiter in der Geschichte ist es Jesus, der sie dasselbe fragt: Frau, warum weinst du?

„Frauen, warum weint Ihr?“ Hundertmal haben wir erzählt, warum wir weinen. Das hat gut getan, obwohl weder der Ehemann noch die Schwester davon wieder lebendig wurden. Aber keiner soll unterschätzen, wie tröstlich das Aushalten der Tränen ist. Mir war es jedenfalls so, als wenn einer meine Seele in die Hand nimmt und ihr Ruhe gibt.

Die zweite Sequenz ist das „Maria!“ Ich finde sie so wunderbar, weil Maria Jesus erkennt, als er sie beim Namen nennt. Nach Jesu Auferstehung war es offenbar nicht mehr so einfach wie vorher mit dem Erkennen. Die Engel wurden nicht erkannt, Jesus wurde nicht erkannt. Da scheint sich einiges verändert zu haben.

Am richtigen Platz

Ich habe eine Freundin, sie heißt Karin. Sie kann die Verniedlichungen von Namen, auch die ihrer Kinder, auf den Tod nicht leiden. Ihre Tochter heißt Julia und nicht Jule, ihr Sohn heißt Florian und nicht Flori. Und sie nennt ihren Mann Hans und nicht Hansi.

Und sie ist KARIN. Nur ihr Vater darf sie, die Karin, „mein Karinchen“, nennen. Dann, so sagt sie, ist sie wieder Kind, fühlt sich geschützt und geborgen und fühlt sich am richtigen Platz. „Mein Karinchen!“ – „Papa!“ Wenn er sie Karinchen nennt, dann weiß sie: Das ist mein VATER. Eine taffe, selbstbewusste Frau von Mitte 50 fühlt sich gesehen und am richtigen Platz.

So erkannt, kann sie auch erkennen

„Maria!“, sagt Jesus, und Maria fühlt sich auf einmal geschützt und geborgen und am richtigen Platz. Und das Geniale ist: So angesprochen, so erkannt, kann sie auch erkennen. „Rabbuni, mein Meister!“ Jetzt erkenne ich dich!

„Frau, warum weinst du?“ – „Maria!“

Ist das nicht wunderbar?!

Ich habe von den beiden Frauen aus der TelefonSeelsorge gehört, wie sehr sie die WhatsApp-Sprachnachrichten getröstet haben. Und für mich selbst waren sie auch ein Trost.

Seien Sie getröstet und behütet!

Ihre

Christa Dresbach-Schnieder