Fürchte dich nicht!

Er behütete sein Volk wie einen Augapfel (5. Mose 32,10), Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn es hat eurem Vater wohlgefallen, euch das Reich zu geben. (Lukas 12, 32). Eine Andacht von Prädikant Klaus Dripke, Mitglied des Kreissynodalvorstands

In was für einer Welt leben Sie? Diese Frage ist weniger seltsam, als sie auf den ersten Blick scheint. Es sind nämlich nicht die äußeren, materiellen Dinge, die für uns unsere Welt bilden, sondern es sind immer die Bedeutungen, die wir diesen Dingen geben: „Was dem einen sin Uhl, ist dem andern sin Nachtigall“ – die Eule als altes Symbol des Unheils, die Nachtigall als Symbol des Glücks.

Auch mal ganz ohne Religion gedacht: Wir leben immer in der Welt unseres Glaubens. Alles, was wir sehen, hören und erfahren, wird von uns gemäß unseres Glaubens beurteilt. Es bestimmt unser Denken, unsere Vorstellungen, unsere Fantasien, unsere Befürchtungen und Hoffnungen. Wir können keinen einzigen Schritt machen, wenn wir nicht glauben, dass der Boden unter uns fest ist und uns tragen wird. Alles, was wir befürchten, färbt unsere Sicht und damit die von uns erfahrbare Wirklichkeit.

Glauben Sie an Gott? Vermutlich ja, sonst würden Sie keine Andacht lesen. Aber an welche Art von Gott glauben Sie? Mit Sicherheit an keine weißbärtige Gestalt über den Wolken. Wie ist für Sie sein Charakter, sein Wesen? Von welchen Absichten und Motiven gehen Sie bei ihm aus?

Was ein Mensch glaubt, kann man ganz gut an seinen Gefühlen und den daraus resultierenden Handlungen ablesen. Wenn das kleine Kind von seiner erhöhten Position herab mit wohligem Grusel in die fangbereiten Arme seines Vaters springt („Spring, ich fang dich auf!“), um danach vergnügt ein „Noch mal!“ zu krähen, zeigt das seinen Glauben an die Absichten und Fähigkeiten seines Vaters.

Springen Sie!

Also nochmal: Wie ist – für Sie – Ihr Gott? Die Antwort darauf bestimmt die Welt, in der sie leben. Die Antwort der Bibel und die starke, bekräftigende Antwort von Christus ist: Gott liebt seine Geschöpfe so, dass er sie behüten will, wie wir unseren Augapfel vor Verletzungen hüten. Auch wenn es für uns äußerlich nicht so aussieht – für Gott ist das unendlich wichtig, was wir ewig sein werden und sollen. Und Christus ist gekommen, uns unsere Angst schon in der Zeitlichkeit der Gegenwart zu nehmen: „Fürchte dich nicht“ steht zwölfmal im Neuen und fünfzigmal im Alten Testament, „Fürchtet euch nicht“ ebenfalls zwölfmal in Neuen und vierundzwanzigmal im Alten Testament.

Das ist die große Botschaft, die Gott in diese Welt hineinruft: „Vertraut mir – auch in schweren Zeiten!“ Auch wenn es manchmal schwerfällt: Springen Sie!

Ihr

Klaus Dripke